Unser monatlicher Rundumblick zum Thema Menschenrechte
Herzlich Willkommen zu unserem Newsletter im Mai – wir freuen uns sehr, dass Du dabei bist!
Über uns: Als Student Division sind wir zwar unserer Mutterorganisation Lawyers Without Borders (LWOB) angehörig, agieren aber autonom und organisieren uns eigenständig. Wir arbeiten unserer Mutterorganisation zu und stehen in Zusammenarbeit mit deutschen und europäischen Organisationen. LWOB ist eine NGO mit Sitzen in Großbritannien, Kenia, Tansania und den USA. Ausschlaggebend für die Gründung war die Idee, Anwält:innen weltweit für Human Rights Work zu motivieren und ein globales pro bono-Netzwerk zu schaffen, das auf der ganzen Welt einen Zugang zu Recht garantiert. Mit unserem monatlich erscheinenden Newsletter möchten wir einen Einblick in unsere Tätigkeiten geben, laufende Projekte vorstellen und insbesondere Neuigkeiten zu Menschen- und Grundrechten auf der ganzen Welt teilen - besonders solche, die oftmals unbeachtet bleiben.
Disclaimer: Wir haben uns der Aufklärung im Bereich der Menschen- und Grundrechte verschrieben und sind weder politisch noch übernehmen wir Gewähr für Richtigkeit oder Vollständigkeit für die Rubrik „Neuigkeiten im Bereich Menschenrechte“. Die Inhalte der Beiträge wurden mit größter Sorgfalt erstellt.Quellen und Literatur wurden bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des jeweiligen Beitrags geprüft und berücksichtigt. Darüber hinaus distanzieren wir uns von jeglichen weiteren und zukünftigen Inhalten der angegebenen Websites und Institutionen.Aufgrund der höheren Lesbarkeit mit Rücksicht auf Sehbehinderte haben wir uns für den Gender-Doppelpunkt entschieden. LWOB steht für alle Formen der geschlechtlichen Vielfalt ein. Für diesbezügliches Feedback könnt ihr euch gerne an die Ressortleiterinnen wenden.
Neuigkeiten im Bereich Menschenrechte
Neuigkeiten internationaler Spruchkörper und Organisationen
Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen berät über die Situation im Sudan Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hielt am 11. Mai seine 36. Sondersitzung in Genf ab, in deren Rahmen über die aktuelle Lage im Sudan beraten wurde. Die Sitzung wurde auf Wunsch von Deutschland, Großbritannien, Norwegen und den USA abgehalten. Während der Eröffnungsrede von Volker Türk, dem Hochkommissar für Menschenrechte, kritisierte dieser sowohl die sudanesische Armee als auch die paramilitärische Gruppe unter General Mohamed Hamdan Dagalo, RSF (Rapid Support Forces), bezüglich ihrer Gewaltanwendung und beschuldigte beide Parteien der Völkerrechtsverletzung. Der Menschenrechtsrat stimmte mit einer knappen Mehrheit von 18 Ja- zu 15 Neinstimmen (sowie 14 Enthaltungen) dafür, das Ende der Gewaltaus-schreitungen im Sudan zu fordern. In der Resolution fordert der Rat unter anderem einen Waffenstillstand zwischen den Parteien, besseren Zugang zu humanitärer Hilfe durch internationalen Zusammenhalt sowie den Schutz von Zivilist:innen. Der Generalsekretär wird zudem dazu aufgefordert, die notwendigen Ressourcen für die Umsetzung dieser Vorhaben zur Verfügung zu stellen. Der Sudan selbst – sowie auch unter anderem China, Kuba und Algerien –stimmte gegen die Resolution. Außerdem stimmte kein afrikanisches Land dafür. Grund dafür seien die Friedensbemühungen der USA sowie Saudi-Arabiens, die man dadurch nicht untergraben wolle. Quellen und weitere Informationen: OHCHR, Spiegel, Zeit
Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen äußert Besorgnis über die Nichteinhaltung von Menschenrechten in El Salvador In El Salvador wurde am 27. März 2022 nach einer Welle von Morden durch kriminelle Banden erstmals der Notstand ausgerufen. Seitdem wird er kontinuierlich verlängert, was zu einer Zunahme von Masseninhaftierungen führt. Der Notstand ermöglicht es der Regierung, bestimmte Grundrechte einzuschränken. Darunter fällt auch das Recht auf Information über den Grund der Verhaftung, das Recht auf rechtliche Unterstützung sowie das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren. Am Montag, den 22. Mai 2023 äußerte sich der UN-Menschenrechtsrat zu dieser Situation: Die UN-Expert:innen drängten die Behörden in El Salvador dazu, sicherzustellen, dass Personen nicht allein aufgrund des Verdachts auf Zugehörigkeit oder Verbindung zu einer kriminellen Bande ohne ausreichende rechtliche Autorisierung festgenommen werden. Zudem forderten sie, dass den Inhaftierten alle grundlegenden Schutzrechte gewährt werden, die durch die internationalen Menschenrechte garantiert sind. Die Maßnahmen bedrohen nach Ansicht der UN-Expert:innen die Kriminalisierung von Menschen, die in den am stärksten verarmten Gebieten leben und in der Vergangenheit von diesen Banden angegriffen wurden. Berichten zufolge wurden anfängliche Gerichtsverhandlungen in Gruppen von bis zu 500 Personen abgehalten. Darüber hinaus wurden Pflichtverteidiger:innen lediglich drei bis vier Minuten eingeräumt, um die Fälle von 400 bis 500 Inhaftierten gleichzeitig vorzustellen. Diese Maßnahmen untergraben das Recht auf Verteidigung und die Unschuldsvermutung der Inhaftierten, betonten die Expert:innen. Sie haben bereits Kontakt zu den Behörden aufgenommen, um ihre Bedenken zu äußern. Allerdings kann man den Behörden in El Salvador das mit der Verlängerung des Notstands verfolgte Ziel nicht vorhalten; die Notwendigkeit der Reduzierung der Bandengewalt ist etwas, was ganz klar unmittelbare Aufmerksamkeit erfordert. In den Augen des UN-Menschenrechtsrates sind jedoch die ergriffenen Maßnahmen nicht die richtige Antwort. Somit bleibt die Frage nach einem milderen und gleich effektiven Mittel der Bekämpfung der Bandengewalt in El Salvador offen. Quellen und weitere Informationen: Amnesty 1, Amnesty 2, European Times, Heinrich-Böll-Stiftung, OHCHR, Time News, UN News
Systemische Verschlechterungen
Floridas Gouverneur DeSantis zeichnet "Florida Bathroom Bill" Die im US-Bundesstaat regierende Partei der Republicans hat ein weietres LGBTQIA+-feindliches Gesetz verabschiedet: den "Safety in Private Spaces Act" oder kurz, die Bathroom Bill. Die Bathroom Bill (CS/HB 1521) richtet sich vor allem an trans* Personen und schreibt ihnen vor, welche Sanitäranlagen sowie Umkleidekabinen sie in öffentlichen Gebäuden, (privaten und öffentlichen) Schulen, Universitäten und Jugendstrafanstalten zu benutzen haben - nämlich ausschließlich die, die ihrem biologischen Geschlecht entsprechen. Bei einem Verstoß, dh bei Wahl der laut dem Gesetz "falschen" Anlage und der Weigerung, diese zu verlassen, kann dies gegenüber Personen über 18 Jahren als Ordnungswidrigkeit ("Hausfriedensbruch zweiten Grades") geahndet werden. Das ist sogar nur noch die "Light Version" des Gesetzes - der ursprüngliche Gesetzentwurf sah vor, dass die Bathroom Bill auch für Restaurants, Tankstellen und ähnliche Geschäfte gilt. Die Democrats haben sich mehrheitlich gegen die Regelung gestellt, nennen sie entwürdigend und werfen den Republicans vor, sie würden Toiletten politisieren - die Republicans argumentieren für ihr Gesetz mit der "öffentlichen Sicherheit" (dabei v.a. die der Frauen), "Anstand und Privatsphäre" und "common sense". Neben Florida haben schon mehrere der konservativ geführten Bundesstaaten ähnliche Gesetze verabschiedet, zB Iowa, Arkansas, Alabama, Oklahoma, Tennessee und North Carolina. Das Gesetz wurde zu Mitte des Monats von Gouverneur Ron DeSantis ausgefertigt und tritt am 1. Juli in Kraft. Quellen und weitere Informationen: CNN, jdsupra, politico, Washington Post
Camp Vastria - Nachfolgestandort des Geflüchtetencamps Moria auf der Insel Lesbos Nachdem das Geflüchtetencamp in Moria auf der griechischen Insel Lesbos im September 2020 abgebrannt ist, wurde für die ehemaligen Bewohner:innen als temporäres Camp "Mavrovouni" am Stadtrand von Mytilini errichtet. Der eigentliche Nachfolgestandort von Moria war damals schon in Planung - das Camp Vastria. Vastria ist eine Region auf Lesbos; das Geflüchtetencamp wurde inmitten eines Pinienwaldes und ohne jegliche infrastrukturelle Anbindung, nahe an der Müllhalde der Insel errichtet. Die Eröffnung war eigentlich für 2021 geplant, jedoch wurden erst im Februar dieses Jahres die Geflüchteten schließlich nach Camp Vastria umgezogen. Camp Vastria ist eines der fünf EU-finanzierten sogenannten MPRICs (Multi-Purpose Reception and Identification Centre), also multifunktionale Sicherheits- und Identifikationszentren, die die derzeitigen Geflüchtetencamps auf den griechischen Inseln Chios, Kos, Leros, Samos und Lesbos ersetzen sollen. Das Camp Vastria hat Platz für etwa 5.000 Menschen. Aufgrund der Lage im Pinienwald herrscht hohe Brandgefahr, im Falle einer Evakuierung wäre es aufgrund der Struktur des Camps nahezu unmöglich, alle Menschen zu retten. Der Ausbau einer Hauptzufahrtsstraße wurde von den griechischen Behörden aus Umweltgründen gestoppt, womit nach derzeitigem Stand nur die unbefestigte Straße als Anbindung bleibt. Das in den Camps angewendete System nennt sich CCAC, Closed-Controlled Access-Center. Das heißt, dass das Camp geschlossen ist und durch Sicherheitskräfte abgesichert wird, die Bewohner:innen sich nicht frei bewegen können und dauerhaft überwacht werden. Die Grenzen sind zusätzlich durch Mauern und Stacheldraht aufwändig gesichert. Camps dieser Art werden von Menschenrechtsorganisationen als gefängnisartig und menschenunwürdig kritisiert. Die Bewohner:innen, darunter auch Babys und Kinder, warten also isoliert von der Welt auf die Entscheidung über ihr Asylverfahren. Über die Menschen im bereits seit etwa einem Jahr bestehenden CCAC-Camp auf Samos berichteten die Ärzte ohne Grenzen, dass nahezu alle Bewohner:innen unter psychischen Problemen litten - in Vastria wird dies nicht anders sein. Journalist:innen und Reporter:innen wird der Zugang zu den Camps häufig verwehrt - ein Nährboden für Menschenrechtsverletzungen, die nur nur selten dokumentiert werden können und noch seltener nach außen dringen (dazu Empfehlung für den Instagram-Kanal von "Now You See Me Moria", Verlinkung in den Quellen). Quellen und weitere Informationen: Info Migrants, La Relève et La Peste, Medium/AreYouSyrious, Now You See Me Moria (und Instagram-Kanal mit Eindrücken von den Bewohner:innen), Memorandum Europäische Kommission
Ausblick und Aktuelles
Rechtsstaat und Künstliche Intelligenz Künstliche Intelligenz (KI) ist schon lange auf dem Vormarsch und spätestens mit dem Chatbot ChatGPT massentauglich geworden. Beim Einsatz solcher Systeme müssen Werte wie Freiheit und Menschenrechte gewahrt werden, so die G7-Staaten bei ihrem Gipfel in Hiroshima, Japan. Eine neu gegründete Arbeitsgruppe soll hierfür eine Bestandsaufnahme machen und sich dabei mit allen aufkommenden Fragen über Urheberrechtsschutz bis hin zu Schutz vor Desinformation durch ausländische Mächte befassen. Eine Regulierung wurde schon mehrfach gefordert. Jetzt wollen die Regierungen der G7-Staaten mit den Entwicklern von KI zusammenarbeiten, um unter anderem die Gefahren von sexueller Ausbeutung und Missbrauch von Kindern zu bekämpfen. Schon vor ca. drei Wochen hatte sich das Europaparlament mit KI und Menschenrechten beschäftigt. Unter anderem haben die Abgeordneten für ein Verbot von Anwendungen gestimmt, die Emotionserkennung oder diskriminierende Kategorisierung aufgrund sexueller Orientierung ermöglichen. Bisher regulierten sich die entwickelnden Unternehmen lediglich selbst. Zwar sind diese an die Menschenrechte gebunden, allerdings sind KI-Systeme zu mächtig und lernen zu schnell, als dass von Unternehmen langfristig eine eigenverantwortliche Regulierung erwartet werden kann. Das sieht auch Sam Altman, der Chef von ChatGPT-Entwickler OpenAI, so. Er begrüßte das Ansinnen der Regierungen bei einer Anhörung vor dem US-Senat. Quellen und weitere Informationen: Amnesty, hrw, Manager Magazin, Watson
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